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Rettung für Mutter und Kind

XTRA-ARTIKEL AUSGABE 1/2018

 

Am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin forschen Wissenschaftler an einer heimtückischen Schwangerschaftserkrankung, die das Leben von Mutter und Kind bedroht. Der Slide Scanner Pannoramic MIDI II von Sysmex hilft seit Kurzem bei der schnellen Analyse von Gewebeproben.

Text: Isabell Spilker

Von Schwangeren und Neugeborenen ist am Institut im Nordosten Berlins nichts zu sehen. Und doch dreht sich hier auf langen Fluren des alten Klinikgebäudes alles um die Erforschung einer ganz bestimmten Schwangerschaftserkrankung. In der Abteilung „Blutdruckbedingter Endorganschaden“ des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) ist auch die Präeklampsie-Forschung angesiedelt, da die früher als Gestose bekannte, für Mutter und Kind lebensgefährliche Erkrankung mit Bluthochdruck einhergeht.

„Es gibt Mechanismen, die das Immunsystem in dem Moment fehlleiten, was in der Folge dann zur Präeklampsie führen kann“, erklärt die Biotechnologin Dr. Nadine Haase die mögliche Entstehung der Krankheit. Die ganze Schwangerschaft über befinde sich das Immunsystem der Frau in einem Ausnahmezustand. Der mit väterlichen Merkmalen ausgestattete Embryo darf nicht abgestoßen werden, gleichzeitig muss sich der Körper vor drohenden Infektionen schützen, denn in dieser Zeit ist der Organismus besonders anfällig.

Die Präeklampsie gilt als eine der schwersten Schwangerschaftskomplikationen und verläuft mit extrem hohem Blutdruck, Eiweiß im Urin und anderen Symptomen in vielen Fällen kritisch. Entwickelt sich eine Eklampsie, kommen neurologische Störungen und Krampfanfälle hinzu, Nierenversagen, Hirnödeme und Plazentainsuffizienz drohen. Die Krankheit zählt zu jenen mit der größten Morbidität und Mortalität. „Es gibt bislang nur eine Chance, die Krankheit zu heilen: Die Schwangerschaft muss beendet werden, sonst droht Lebensgefahr für Mutter und Kind“, erklärt Dr. Nadine Haase.

Die Experten gliedern die Präeklampsie in eine frühe Form ab der 20. Schwangerschaftswoche und eine späte ab der 34. Schwangerschaftswoche. Je früher die Präeklampsie auftritt, desto problematischer wird allerdings die frühzeitige Entbindung. Die Patientinnen werden deswegen zunächst vor allem symptomatisch behandelt, der Blutdruck etwa wird medikamentös gesenkt, Stress möglichst minimiert. „Das funktioniert aber nicht immer, und nicht immer ist es das Beste, den Blutdruck zu sehr zu senken“, bekräftigt Dr. Nadine Haase. Forschungen geben Grund zur Annahme, dass der hohe Blutdruck einen Kompensationsmechanismus darstellt: „Der Körper denkt sich etwas dabei, denn in diesen Fällen ist der Fötus häufig unterversorgt. Der hohe Blutdruck könnte also dazu dienen, das ungeborene Kind dennoch gut zu versorgen.“

Ihre Forschungen betreiben Dr. Nadine Haase und ihre Kollegin Kristin Kräker, Biotechnologin und Doktorandin am MDC, unter anderem an Plazenten von Frauen, die an einer Präeklampsie litten, in der Klinik nebenan entbunden und ihre Plazenta für die Forschung zur Verfügung gestellt haben. Seit September 2017 können die Wissenschaftlerinnen für Studien auf einen Pannoramic MIDI II von Sysmex zurückgreifen. „Wir schauen uns verschiedene Immunzellen und die Verteilung in der Plazenta an“, erklärt Dr. Nadine Haase. „Die uterinen NK-Zellen, die Natural Killer Cells, überwachen den Prozess der Einnistung des Embryos in die Gebärmutter. Aber sie spielen auch eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Präeklampsie.“

Im Mittelpunkt eines ihrer Forschungsprojekte steht das gestörte vaskuläre Remodelling innerhalb der Plazenta. Die Forscherinnen nehmen an, dass die Entwicklung der Plazenta in der Frühschwangerschaft, zum Beispiel infolge einer Autoimmunreaktion, fehlerhaft ist. Schuld sei der physiologische Umbau der Spiralarterien, die die äußeren Schichten der Gebärmutterschleimhaut versorgen. Unzureichendes Remodelling dieser Gefäße an den erhöhten Durchblutungsbedarf des Uterus habe eine Mangelversorgung zur Folge, die später zu Bluthochdruck und weiteren Konsequenzen führen soll.

„Um den genauen Prozess besser verstehen zu können, betrachten wir hierfür auch die Trophoblastzellen“, erklärt Dr. Nadine Haase, „das sind embryonale Zellen, die in die Gebärmutterschleimhaut eindringen, mit mütterlichen Zellen zusammen später die Plazenta bilden und ebenfalls für die Entwicklung der Spiralarterie in der uteroplazentären Unit zuständig sind.“ Welche Rolle nun die Zusammenarbeit der Trophoblastzellen und der NK-Zellen spielt, haben sich die Forscherinnen in experimentellen Arbeiten angeschaut. Eine Schlüsselmethode bei der Arbeit der Forscherinnen ist die histologische Untersuchung von Plazenta-Schnitten.

Am Mikroskop aber könne sie stets nur einen Ausschnitt des Gewebeschnitts betrachten, so die Forscherin. „Wenn mir später etwas einfällt, was ich betrachten möchte, muss ich wieder das Slide raussuchen und erneut am Mikroskop untersuchen.Ich kann auf dem Objektträger allerdings nichts markieren und keine Annotationen vornehmen.“

Bereits während der vierwöchigen Testphase war der Scanner durchgehend in Benutzung. Ohne den Pannoramic MIDI II mussten Dr. Nadine Haase und Kristin Kräker die Gewebeschnitte stundenlang in Einzelschritten analysieren. „Mit dem Scanner können wir den ganzen Schnitt aufnehmen, prozessieren und später die Regionen am Computer in Ruhe auswerten“, erklärt Kristin Kräker. Gerade wenn es um das vaskuläre Remodelling gehe, ist es den Wissenschaftlerinnen wichtig, alle Gefäße betrachten zu können. Von alldem Fotos zu machen, wie es unlängst noch nötig war, nahm viel Zeit in Anspruch. Und auch die lästige Fleißarbeit der Zellzählung entfalle nun: „Ich habe vorher dafür stundenlang in dunklen Mikroskopierräumen verbracht“, erinnert sich Kristin Kräker. „Nun kann ich die Bilder an jedem Rechner im Institut oder sogar zu Hause betrachten.“

Der Scanner läuft, sofern Proben da sind, rund um die Uhr und weitestgehend autark – auch ohne Aufsicht über Nacht. „Die Qualität der Bilder ist in Brightfield und Fluoreszenz sensationell und bietet uns wirklich viele Möglichkeiten“, bestätigt Dr. Nadine Haase. Bald zum Einsatz kommen soll auch eine 3-D-Rekonstruktionssoftware, mit der aus den digitalisierten Schnitten das Gewebe digital dreidimensional rekonstruiert werden kann.

Die Zeitersparnis und die technologischen Möglichkeiten der Digitalisierung seien ein unschlagbares Argument für den Einsatz des Scanners, betont Dr. Nadine Haase. Daher sind die Forscherinnen guter Dinge, dem großen Rätsel der Schwangerschaftserkrankung weiter auf die Spur zu kommen. „Derzeit entwickeln wir Therapien gegen Präeklampsie, aber das ist alles noch im experimentellen Stadium.“

Das gewonnene Know-how werde im Moment genutzt, um die Mechanismen zu finden, die in einer präeklamptischen Schwangerschaft disreguliert sind – und daraufhin Ansatzpunkte für Therapieoptionen auszumachen. „Die Schwierigkeit dabei ist, eine Verbesserung der belastenden Situation für die Mutter zu erzielen – und zumindest keine Verschlechterung für die Nachkommen.“ Im Zentrum aktueller Langzeitstudien des Instituts stehen deswegen auch neben der Mutter zunehmend Untersuchungen an den Kindern und den möglichen kardiologischen Spätfolgen. Mit ihrer Forschungstätigkeit legen Dr. Nadine Haase und ihre Kollegen die Grundlage, um zukünftig einer Präeklampsie rechtzeitig entgegenwirken zu können und so Mutter und Kind zu retten.

Summary

  • Die Ursachen der Präeklampsie sind nicht endgültig erforscht, in Verdacht steht eine fehlerhafte Anlage der Gefäße der Plazenta.
  • Das Max-Delbrück-Centrum nutzt für seine Forschung den von Sysmex vertriebenen Slide Scanner Pannoramic MIDI II BF/FL des Herstellers 3DHistech.

Fotoquelle: Markus Altmann

 

 

 

 

 

 

 

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