Alles aus einer Hand
XTRA-ARTIKEL AUSGABE 2/2020
Der Laborverbund Diagnosticum setzt seit Anfang Juli auch in der Urinanalytik auf Sysmex. Eine über Jahre gewachsene Partnerschaft geht damit in die nächste Runde
Text Arnd Petry
Eine feierliche Zeremonie wäre jetzt angebracht: vielleicht ähnlich einer Schiffstaufe? Mit einer Champagner-Flasche, die mit einem Band an der Decke aufgehängt quer durch das Labor schwingt, um spritzig an der weißen Hülle der neuen Analysestraße zu zerbersten, die einer Jacht gleich in der Sonne glänzt? Danach erheben alle ihr Glas: „Allzeit gutes Gelingen und immer einen Fingerbreit Reagenzien in den Tanks!“
„Eine schöne Idee“, sagt Dr. Michael Praus und lacht. Doch der Routinebetrieb der neuen Urinanalysestraße – bestehend aus den Komponenten UF-5000, UD-10 und UC-3500 – muss heute nüchtern beginnen. „Wir haben uns für die vollautomatisierte UN-Serie von Sysmex entschieden, weil wir unsere MTAs nachhaltig entlasten wollten“, sagt der Labormediziner, der das zur Diagnosticum- Gruppe gehörende Labor in Plauen (Sachsen) leitet. „Gleichzeitig wollten wir die Prozessqualität steigern. Egal wer die Proben nun bearbeitet: Die Ergebnisse sind in Zukunft besser vergleichbar, weil der menschliche Faktor – Sorgfalt, Erfahrung, aber auch Zeitdruck – an Bedeutung verliert.“ Nach Plauen sollen in diesem Jahr auch noch Dresden, Neukirchen und Chemnitz mit der UN-Serie ausgestattet werden.
Diagnostischer Mehrwert
Mit der Einführung der UN-Serie verbindet Laborarzt Michael Praus die Aussicht auf einen diagnostischen Mehrwert. Ein Ziel sei es beispielsweise, das Vorhandensein von dysmorphen Erythrozyten in Zukunft routinemäßig zu erfassen, damit sie in der Urinanalytik kein Zufallsbefund bleiben. „Wir wollen Einsender zukünftig auf das Vorhandensein dysmorpher Erys hinweisen, auch wenn sie nicht angefordert sind.“ Das biete dem Labor die Chance, Ärzte frühzeitig auf mögliche, bis dahin unentdeckte Erkrankungen hinzuweisen, um eine genauere Abklärung zu veranlassen.
Weiteren Raum für Verbesserungen des diagnostischen Angebots sieht Praus in der Möglichkeit, mit der UN-Serie Bakterienfunde automatisch in gram-positiv oder gram-negativ einzustufen. Es muss noch ausgelotet werden, inwieweit dieser Mehrwert genutzt wird und so zu einer gezielteren Therapie von Harnwegsinfekten beitragen kann.
Mehr als 1000 Parameter
Knapp 70 Kilometer nordöstlich von Plauen, in Neukirchen am Stadtrand von Chemnitz, kann Dr. Christian Scholz alle Fragen sofort beantworten: Der Laborarzt ist der Geschäftsführer der Laborpartnerschaft, zu der mit dem Labor in Plauen und dem Stammhaus in Neukirchen insgesamt 15 Standorte in Sachsen, Thüringen, Bayern und Hessen gehören (siehe links). Er steht in seinem Arbeitszimmer hinter einem schweren Holzschreibtisch und hält ein Buch hoch: „Das ist unser Angebotskatalog. Er hat 292 Seiten. Auf jeder Seite sind im Schnitt vier Tests beschrieben. Das sind also weit über 1000 Parameter. Wir haben große und kleine Standorte. Manche sind spezialisiert auf Labormedizin, Mikrobiologie, Pathologie oder Humangenetik.“
An den großen Standorten der Laborgruppe werden 2000 bis 4000 Proben am Tag bearbeitet. In der Summe kommen damit also knapp 15.000 Proben täglich zusammen, in Spitzenzeiten sogar 20.000. Bei dieser hohen Probenzahl legt Christian Scholz besonderen Wert auf Standardisierung bei der Organisation des Laborverbunds: „Wir haben überall dieselben Laborsysteme, dieselben Reagenzien und dieselben Normwerte im Hintergrund.“ Auch die Zeiterfassung und die Telefonanlage sei an allen Standorten identisch. „Das ist praktisch wie ein großes Labor, die Autobahn ist der Flur. Wo eine Probe abgearbeitet wird, ist für das Ergebnis egal.“ Vernetzt werden die verschiedenen Standorte durch ein Laborinformationssystem, das zentral auf einem Server läuft. Darauf können alle Mitarbeiter zugreifen. Und an allen Standorten werden die gleichen Stammdaten genutzt.
Krisenfest dank Einheitlichkeit
Die Vorteile dieser Standardisierung zeigen sich nach Ansicht von Christian Scholz gerade in Krisenzeiten: „Wenn wir jetzt wegen der Corona-Pandemie ad hoc Personal von A nach B verlegen müssen, dann würde das ohne Probleme gehen.“ Alle Mitarbeiter könnten überall arbeiten, wenn das notwendig werden sollte. Auch technische Probleme würden die Bearbeitung wichtiger Proben nicht gefährden: „Selbst wenn ein Standort komplett ausfällt, weil der Bagger auf der Straße das Telefon- und Stromkabel zerhackt, könnten wir die Proben einfach an einen anderen Standort fahren, weil dort dieselben Geräte vorhanden sind.“ Lediglich die Größenordnungen der Geräte seien unterschiedlich: „Im Krankenhaus stehen Einzelgeräte, hier steht dann eben eine Straße. Wenn wir uns für ein System entschieden haben, dann gilt das für alle Standorte. Irgendwo ein Gerät eines anderen Herstellers zu betreiben, passt nicht in unsere Philosophie“, sagt Christian Scholz.
Diese Skalierbarkeit der Gerätesysteme sei neben der hohen Qualität der Grund gewesen, warum sich das Diagnosticum vor Jahren in der Hämatologie für die Analysesysteme von Sysmex entschieden habe. „Die Analyser von Sysmex sind ausgereift, und wir können sie gut an unsere Bedürfnisse vor Ort anpassen.“
Am Hauptstandort Neukirchen läuft seit mehr als fünf Jahren eine XN-Automationslösung. In Plauen sind seit vier Jahren der Hämatologie Analyser XN-2000 und das digitale Morphologie-Analysesystem DM-96 in Betrieb. Das vollautomatische Digital Imaging-System DI-60 ist im Jahr 2020 dazugekommen. Alle anderen Standorte nutzen kleinere Hämatologiesysteme von Sysmex.
Lernen, der Technik zu vertrauen
In Plauen ist Laborarzt Dr. Michael Praus nach drei Wochen mit der neuen vollautomatischen UN-Serie bereit für ein erstes Fazit: „Die meisten sind sehr zufrieden, da das Arbeiten weniger stressig ist“, sagt er. „Die Proben können einfach auf das Gerät gestellt und gemessen werden.“ Außerdem sei das Arbeiten wesentlich augenschonender. „Klassische Mikroskopie machen wir nur noch in Ausnahmefällen bei Regelwerksverletzungen.“ Allerdings dauere die Auswertung insgesamt noch etwas länger, da noch genauer verglichen werde als nötig. „Neue Arbeitsabläufe müssen sich erst einspielen.“ Zurzeit müsse das Laborteam mit den neuen Geräten warm werden und lernen, der Technik zu vertrauen.
„Insgesamt läuft das Arbeiten jetzt strukturierter.“ Vor allem das Beurteilen der Ergebnisse habe sich durch die U-WAM Software vereinfacht – und werde von den Mitarbeitern unterschiedlich genutzt: „Die Variabilität der Ergebnisbegutachtung ist zum Beispiel ein Vorteil. Manche nutzen die Bewertung über die Partikelklassen, andere schauen sich den gesamten Bildausschnitt des Digital Imaging-Systems UD-10 an, um die Größenverhältnisse zwischen den Partikeln besser einschätzen zu können, und wieder andere nutzen zusätzlich die Scattergramme des Durchflusszytometers UF-5000.“ Das übergeordnete Ziel des Labors sei es, gesicherte und vergleichbare Ergebnisse gleichbleibender Qualität zu liefern. „Die neue Urinstraße ist die beste Möglichkeit, einsendende Ärzte bei der Diagnosestellung bestmöglich zu unterstützen.“
Ein weiterer Vorteile ist die Möglichkeit, das Regelwerk zukünftig maßgeschneidert an die Bedürfnisse des Labors anzupassen. „Im Moment nutzen wir noch immer das vorgegebene Regelwerk von Sysmex.“ Eine Auswertung solle zeigen, wann Urine nötigerweise in das Mikroskop geschickt wurden und wann nicht. Mithilfe der Einstellmöglichkeiten der U-WAM Software wolle man dann das Regelwerk anpassen, um so den Arbeitsablauf zu optimieren.
Summary
- Die Laborpartnerschaft Diagnosticum setzt auf vollautomatische Urin-Analyser von Sysmex
- Die UN-Serie entlastet MTAs und erhöht die Vergleichbarkeit der Befunde Die Skalierbarkeit der Systeme ermöglicht es, passgenaue Lösungen zu implementieren
- Auch in der Hämatologie setzt das Diagnosticum auf Analysesysteme von Sysmex
Fotoquelle: Sven Döring