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Epithelzellen im Urin

XTRA-ARTIKEL AUSGABE 1/2018

 

Die Urinanalytik ist eine der ältesten, wichtigsten diagnostischen Techniken. Moderne Urinanalytik erfasst dabei neben klinisch-chemischen und mikrobiologischen Aspekten auch das Vorkommen zellulären Materials im Urin

Text: Oliver Hauss

Wasser, Harnstoff und Elektrolyte, Hormone, Vitamine und Kreatinin: Die Bestandteile des Urins sind Stoffwechselprodukte und überschüssige Körperflüssigkeit. Produziert in den Nieren ist Urin ein Ausscheidungsprodukt, das über die beiden Harnleiter zur Harnblase und schließlich über die Harnröhre ausgeleitet wird. Als Filtrat sollte der Urin normalerweise keine signifikanten Mengen zellulären Materials enthalten. Blutzellen wie Erythrozyten oder Leukozyten etwa deuten in der Regel auf Entzündungen und Infekte hin. Die Ursache für das Vorkommen von Epithelzellen, die im Körper gewöhnlich Deck- und Drüsengewebe bilden und fast alle Organe in ein- oder mehrlagigen Schichten ummanteln, ist aber komplexer. Die Herkunft kann Aufschluss über die dahinter liegende Problematik geben. Hierfür unterscheidet man verschiedene Typen von Epithelzellen.

Herkunft der Epithelzellen analysieren

Wichtig zu wissen ist, dass je nach Typ die Epithelzellen im Urin einerseits gesundheitliche Probleme des Patienten anzeigen, andererseits aber auch lediglich eine unzureichende Probenqualität widerspiegeln können. Die Quelle der Epithelzellen kann grundsätzlich nur im Harnweg und in unmittelbarer Umgebung seiner Mündung liegen. Dr. Maria Grazia Alessio und Dr. Giulia Previtali vom Labor für chemisch-klinische Analysen der ASST Papa Giovanni XXIII in Bergamo, die gerade das neue Urinanalysesystem UF-5000 von Sysmex testen konnten, haben sich in einer Studie auf die Suche nach dem Ursprung der verschiedenen Epithelzellen gemacht. „Im Urin können sich Plattenepithelzellen wie auch Nicht-Plattenepithelzellen befinden“, berichtet Dr. Alessio. Mithilfe der Technologie der Durchflusszytometrie am UF-5000 lassen sich die Epithelzellen zuverlässig differenzieren und ihre Herkunft lässt sich somit besser bestimmen.

„Plattenepithelzellen sind klinisch irrelevant. Ihr Vorkommen deutet nicht auf das Vorliegen von Krankheiten hin, ist aber ein wichtiger Indikator für eine schlechte Probengewinnung.“  Die Quelle für Plattenepithelzellen (Squamous Epithelial Cells, Squa.EC) liegt bei Frauen beispielsweise im Scheidenvorhof an der Mündung des Harnwegs. Treten sie zusammen mit Leukozyten, Hefen und Bakterien auf, deuten sie auf eine Vaginitis hin, häufiger allerdings zeigt sich hier eine unsachgemäße Probennahme: Wurde wirklich Mittelstrahlurin verwendet oder ist die Probe mit Zellen und Schleim kontaminiert? Die Messung von Squa.EC am UF-5000 kann so dazu verwendet werden, Untersuchungsergebnisse als eingeschränkt aussagefähig zu markieren, um dem auswertenden Arzt die schlechte Probenqualität zu signalisieren. „Eine italienische Studie hat unlängst gezeigt, dass 20 bis 25 Prozent der Urinproben mit fragwürdigem Ergebnis auf Kontamination der Probe während der Entnahme zurückzuführen sind“, bekräftigt Dr. Alessio.

Wir präferieren ein hochsensibles Analysesystem, damit uns keine Patienten mit Nierenschäden entgehen

Dr. Maria Grazia Alessio

Höchste Vorsicht bei Nierenepithelzellen

Ursprungsort des Übergangsepithels (Tran.EC) oder Urothels ist der eigentliche Harnweg, der von den Nierenbecken durch die Harnleiter zur Blase und Harnröhre führt. Dass einzelne dieser Nicht-Plattenepithelzellen hin und wieder abschilfern und im Urin zu finden sind, ist nicht weiter bemerkenswert. Treten sie aber gehäuft auf, so lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Sie könnten ein Hinweis auf Harnwegsinfekte, andere entzündliche Erkrankungen oder Nierensteine sein, bei denen die Stabilität des Deckgewebes herabgesetzt ist und sich Zellen ablösen.

Weitere Nicht-Plattenepithelzellen, die im Urin gefunden werden können, stammen vom Ursprung des Harns aus den Nieren: die Nierenepithelzellen (Renal Tubular Epithelial Cells, RTEC). Ihr Auftreten bedeutet höchste Vorsicht: Erhöhtes Auftreten zeigt eine Schädigung der Nierentubuli an und weist somit auf ein akutes Geschehen wie Intoxikation oder andersartige Nierenprobleme hin.

Die Möglichkeit der Detektion und Unterscheidung der Epithelzellen ist für Dr. Alessio deswegen von größter Bedeutung: „Das allerdings ist gar nicht so einfach, weil es kleine Zellen mit einem großen Nukleus sind“, stellt sie fest. „Manchmal ist es schwierig, die Zellen von degenerierten Leukozyten oder kleinen Zellen der tieferen Schicht des Übergangsepithels zu unterscheiden.“ Um diese Art von Zellen im Urin zu erkennen, brauche es einen fähigen Analyser.

Hohe Spezifität, hohe Sensivität

Die Bedeutung des Urothels und des Nierenepithels ist dabei ganz unterschiedlich. Beim Urothel ist eine hohe Spezifität angebracht, da geringes Vorkommen unbedenklich ist. Beim Nierenepithel indes ist eine sehr hohe Sensitivität wichtig. Dr. Previtali und Dr. Alessio erwarten mit der Einführung des UF-5000 in die tägliche Routine eine große Verbesserung. Mit dem bislang genutzten UF-1000i von Sysmex waren unter 350 bis 400 täglich analysierten Proben mindestens zwei mit Nierenepithelzellen zu finden. Mit dem noch deutlich sensitiveren UF-5000 hoffen die Laborärztinnen, ihren Patienten mehr Sicherheit geben zu können. Das Analysengerät basiert auf dem weltweit anerkannten Prinzip der Fluoreszenz-Flowzytometrie, bei dem Zellen durch die Analyse des Vorwärtsstreulichts, des Seitwärtsstreulichts, des Seitwärtsfluoreszenzlichts und des depolarisierten Seitwärtsstreulichts gezählt und klassifiziert werden. „Der UF-5000 benutzt mit der Flowzytometrie im Vergleich zu anderen Herstellern ein System, das vertrauenswürdiger und reproduzierbarer ist", erklärt Dr. Previtali.

Bedenken, dass es zwischen beiden Epithelarten zu Verwechslungen kommen kann, haben sie nicht. „Die klinische Signifikanz für Nierenepithelzellen ist sehr hoch, daher ist die Identifikation jeder potenziell hierfür positiven Probe wichtig. Man kann dann die Probe unter dem Mikroskop untersuchen und die Epithelzellen differenzieren.“ Dr. Alessio sieht allerdings noch eine weitere mögliche Rolle, die der Detektion von Nierenepitel- und anderer Zellen im Urin zukünftig zukünftig zukommen könnte: „Zur Abklärung einer Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantation ist die Biopsie das entscheidende diagnostische Mittel. Nephrologen könnten aber die Urinanalytik nutzen, um Patienten, bei denen eine Biopsie geboten ist, sicher zu selektieren.“

Summary

  • Während Plattenepithelzellen ein Indikator für eine kontaminierte Probe sind, deutet ein erhöhtes Auftreten von Nierenepithelzellen auf eine akute Nierenschädigung hin.
  • Der UF-5000 bietet signifikante Verbesserungen in der Detektion des Nierenepithels und der Unterscheidung von Platten- und Nicht-Plattenepithelzellen.

Quelle:

  • Previtali G. et al. ClinChimActa 2017: Performance evaluation of the new fully automated urine particle analyser UF-5000 compared to the reference method of the Fuchs-Rosenthal chamber.

Hintergrund

Fotoquelle: Ronald Bonss, Johner Images (Gettyimages)

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