D-Dimer im Test
XTRA-ARTIKEL AUSGABE 1/2024
Mit der Messung von D-Dimer im Blut lässt sich in kürzester Zeit ein Bild der aktuellen Gerinnungs- und Fibrinolyse-Aktivitäten der Patientinnen und Patienten erstellen.
Über den klinischen Nutzen der Messung und die Vergleichbarkeit der Messergebnisse verschiedener kommerzieller quantitativer D-Dimer-Tests
Soll der Verdacht auf venöse Thromboembolie (VTE) labordiagnostisch abgeklärt werden, dann ist D-Dimer der Biomarker der Wahl. Von den großen Diagnostikunternehmen werden in Österreich unterschiedliche quantitative automatisierte D-Dimer-Tests angeboten. Was bis dato noch fehlt, ist eine Standardisierung der verschiedenen Tests auf einen internationalen Standard für den Cut-off. Prim. Univ.-Doz. Dr. Alexander Haushofer, Leiter des Instituts für Medizinische und Chemische Labordiagnostik am österreichischen Klinikum Wels-Grieskirchen, ist der Rundversuchsleiter für Gerinnungsdiagnostik der ÖQUASTA (www.oequasta.at), Österreichische Gesellschaft für Standardisierung und Qualitätssicherung medizinisch-diagnostischer Untersuchungen, die auch einen Rundversuch für D-Dimer anbietet. Dr. Alexander Haushofer hat im Rahmen der GTH-Tagung am Sysmex Messestand über den Einsatz von D-Dimer im klinischen Alltag und die Rundversuchsergebnisse den Cut-off betreffend gesprochen. Sein 15-minütiger Vortrag trug den Titel „D-Dimer: Standardisierung? Wie vergleichbar sind die Tests am Cut-off?“.
Sichere Diagnostik trotz unspezifischer Symptome
Die VTE ist nach Myokardinfarkt und Schlaganfall die dritthäufigste zum Tode führende Herz-Kreislauf-Erkrankung. In zwei Dritteln aller Fälle handelt es sich um tiefe Venenthrombosen (der Beine) und Lungenembolien (TVT/PE). „Die Diagnostik ist anspruchsvoll, denn die Symptome und klinischen Zeichen der tiefen Beinvenenthrombose, aber auch der Lungenembolie können sehr unspezifisch sein“, sagt Haushofer. „Anamnese und körperliche Untersuchung reichen daher nicht aus, um eine richtige klinische und therapeutische Entscheidung zu treffen.“
Liegen Beschwerden vor, die an VTE denken lassen, dann empfiehlt die S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und Lungenembolie“ den Einsatz des Wells-Scores zur Bewertung der klinischen Vortestwahrscheinlichkeit bei ambulanten Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf TVT/PE. Nur bei einem niedrigen Wells-Score soll der D-Dimer-Test zum Ausschluss einer TVT eigesetzt werden. Bei hoher Wahrscheinlichkeit sind bildgebende Verfahren die Diagnostik der Wahl.
Der negativ prädiktive Wert zählt zum Ausschluss einer TVT/PE
Da die meisten VTE-Ereignisse von einem D-Dimer-Anstieg begleitet sind, bedeuten normwertige D-Dimere Werte, dass eine akute Thrombose sowie Embolie sehr unwahrscheinlich ist. Allerdings sei ein Anstieg der D-Dimere nicht unbedingt mit dem Vorliegen einer Thromboembolie gleichzusetzen, erläutert Haushofer. Da sind weitere diagnostische Maßnahmen erforderlich. Denn bei vielen anderen Krankheitsbildern kommt es ebenfalls zu einer Aktivierung der Gerinnungskaskade mit konsekutiv gesteigerter Fibrinolyse und Anstieg der D-Dimere.
So finden sich erhöhte D-Dimere regelhaft nach größeren OPs oder Traumata, bei Infektionen und inflammatorischen Erkrankungen, disseminierter intravasaler Gerinnung, Tumorerkrankungen und in der Schwangerschaft. Auch mit höherem Lebensalter steigen die D-Dimere „physiologisch“ in der Regel an (S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und Lungenembolie“ Empfehlung zur Adaptierung eines altersabhängigen Cut-offs).
„Uns interessiert im Zusammenhang mit der Diagnostik der tiefen Beinvenenthrombose daher nicht der positive, sondern der negativ prädiktive Wert“, erklärt Haushofer. „Denn liegt der D-Dimer-Wert unterhalb des Cut-offs, dann lässt sich die Thrombose oder Lungenembolie mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit ausschließen und eine bildgebende Diagnostik vermeiden.“ Im Falle von Hochrisikopatienten, wenn etwa ein lokaler Venenschmerz vorliegt oder sich in einem Bein ein Ödem gebildet hat, brauche es hingegen keine D-Dimer-Messung. „Dann muss der Verdacht bilddiagnostisch abgeklärt werden, beispielsweise mit Spiral-CT oder Doppler-Ultraschall.“
Der Nutzen von D-Dimer in der Klinik
„Nach großen Operationen und Traumata sollte der D-Dimer-Wert eigentlich im Verlauf sinken“, betont Haushofer. „Steigt der Wert nach der OP aber plötzlich an, dann stimmt etwas nicht.“ Es könne sich dann eine postoperative Thrombose oder auch eine Infektion entwickelt haben und eine genaue Beobachtung sei dringend erforderlich. Bei Schwangeren mit Verdacht auf Beinvenenthrombose müsse beachtet werden, dass die D-Dimere im Verlauf der Schwangerschaft generell ansteigen, im 1. Trimenon haben noch 50 bis 85 Prozent der Schwangeren normale D-Dimere, hingegen sind es im 3. Trimenon nurmehr 0 bis 4 Prozent. Hier gilt wieder: Ist der D-Dimer negativ, liegt also ein negativer prädiktiver Wert vor, dann ist eine TVT auszuschließen.
Haushofer fährt fort, dass die D-Dimer-Bestimmung hilfreiche Informationen beispielsweise auch bei der speziellen Promyelozytenleukämie liefert, da sein früher Anstieg einen Hinweis auf eine Verbrauchskoagulopathie gibt. Allgemein geben D-Dimer-Werte bei Verbrauchskoagulopathien relevante Hinweise, dies aber in der Zusammenschau mit anderen Parametern, wie etwa Thrombozytenzahl, AT III, Fibrinogen, TZ.
Der analytische Prozess
Im Labor werden D-Dimere dann durch immunologische sensitive quantitative Tests nachgewiesen, bei denen monoklonale Antikörper mit einem Epitop des D-Dimer-Moleküls reagieren, das nicht im Fibrinogen und auch nicht im quervernetzten Fibrin vorkommt. Im Allgemeinen ist eine im Zentral- oder Gerinnungslabor durchgeführte quantitative sensitive D-Dimer-Bestimmung einer patientennahen Sofortdiagnostik (POCT) vorzuziehen, bestätigt auch die S2k-Leitlinie: „Ist eine Labordiagnostik nicht zeitnah verfügbar, können alternativ quantitative POCT-Tests eingesetzt werden, die heutzutage als annähernd gleichwertig betrachtet werden und genauer als semi-quantitative oder qualitative Tests sind.“
Grundsätzlich werden drei verschiedene Testverfahren unterschieden: Erstens latexverstärkte immunoturbidimetrische Immuno-Assays, zweitens enzymgebundene Immunabsorptions-Assays (ELISA) oder Fluoreszenz-Assays (ELFA) und drittens Vollblut-Agglutinations-Assays. „Quantitative sensitive D-Dimer-Tests werden derzeit nur von vier Firmen für Gerinnungsanlysatoren angeboten“, berichtet Haushofer. Jede Firma nutze einen eigenen Antikörper für den D-Dimer-Nachweis, weshalb die Standardisierung nur relativ sein könne: „Cut-off-Werte werden aber von den vier Herstellern mit 500 μg/L FEU beziehungsweise 0,5 mg/L FEU angeführt.“ Bei einem D-Dimer mit Cut-off < 0,5 mg/L wird eine Sensitivität mit 95 Prozent und Spezifität < 50 Prozent erwartet. Die biologische Halbwertszeit liegt bei 8 Stunden (S2k-Leitlinie).
Ringversuche belegen gute Vergleichbarkeit
Als Versuchsleiter der ÖQUASTA hat Haushofer bei seinem Vortrag einzelne aktuelle D-Dimer-Rundversuche präsentiert, die eine gute Übereinstimmung der vier Hersteller bei sowohl unter dem Cut-off als auch über den Cut-off liegendem Rundversuchsmaterial erbrachte. Haushofers Fazit: „Trotz fehlendem internationalen Referenzstandard zeichneten sich die Ergebnisse der vier Hersteller im Ringversuch durch eine gute Vergleichbarkeit aus.“
Biomarker-Profil D-Dimer
Hat es ein Gerinnsel gegeben?
Bei dem Eiweiß D-Dimer handelt es sich um ein Fibrinspaltprodukt und somit um einen zuverlässigen Indikator dafür, dass eine erhöhte Fibrinolyse stattgefunden hat, die meist Folge einer vorherigen Aktivierung der Gerinnungskaskade ist. Es ist so, dass am Ende der Gerinnung das Akute-Phase-Protein Fibrinogen von dem Enzym Thrombin in fädige Fibrinmonomere umgewandelt wird. Diese werden anschließend über den aktivierten Faktor XIII quervernetzt. Kommt es durch das Enzym Plasmin zum Abbau eines solchen Fibrinnetzwerks, dann wird dabei das Eiweiß D-Dimer freigesetzt. Als Laborwert spiegelt D-Dimer daher das Ausmaß der Fibrinbildung und -auflösung wider.