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Paraproteine analysieren und einordnen

XTRA-ARTIKEL AUSGABE 1/2021

 

Bei der Serumelektrophorese fallen Paraproteine als zusätzliche Gradienten in den Beta- oder Gammaglobulin-Fraktionen auf – sehr oft als Zufallsbefunde. Eine Immuntypisierung mittels Kapillarelektrophorese ermöglicht aber eine schnelle erste Einordnung 

Text: Dr. Matthias Pühse 

Die Serumproteinelektrophorese ist ein bekanntes, leistungsfähiges Verfahren der Labormedizin. Vor allem mit der modernen Kapillarelektrophorese ist eine schnelle, leistungsfähige Auftrennung der Plasmaproteine in die Hauptfraktionen Albumin, Alpha-1- und Alpha-2-Globuline, Beta-1- und Beta-2-Globuline sowie Gammaglobuline möglich. So wird ein genereller Überblick über die Proteinzusammensetzung des Blutes beziehungsweise Serums möglich. Dadurch können Hinweise auf bestehende pathologische Veränderungen gegeben werden, sofern sie mit einer Änderung der Serumproteinbildung einhergehen, wie akute oder chronische Entzündungen, Alpha-1-Antitrypsinmangel oder Leberparenchymerkrankungen. 

Eine besondere Bedeutung hat die Serumproteinelektrophorese bei der Aufdeckung von Paraproteinämien, also Erkrankungen mit Bildung monoklonaler Antikörper. Diese machen sich durch einen spitzen M-Gradienten im Bereich der Gamma- oder Betaglobulin-Fraktionen bemerkbar. Für die Charakterisierung des auslösenden Paraproteins, also die Differenzierung nach Schwer- und Leichtkettentyp steht seit Langem die Immunfixation im Agarosegel als Routinemethode zur Verfügung. Fortschritte in der Elektrophoresetechnik erlauben heute die arbeits- und zeitsparende Durchführung der Immuntypisierung auf einem Kapillarelektrophoresesystem. 

Häufig ein Zufallsbefund 

Monoklonale Gammopathien sind häufig ein Zufallsbefund. Sie kommen bei etwa drei Prozent der über 50-Jährigen vor, bei den über 85-Jährigen steigt die Prävalenz auf 7,5 Prozent. Als erste Folgeuntersuchung sollte eine Immunfixation beziehungsweise Immuntypisierung im Serum mitsamt quantitativer Bestimmung der wichtigsten Antikörpersubtypen (IgG, IgA und IgM) sowie der gesamten Leichtketten (kappa und lambda) erfolgen, um eine bessere Einschätzung hinsichtlich der Relevanz des Befunds zu erhalten. 

In modernen Kapillarelektrophoresesystemen kann dies weitgehend automatisiert erfolgen. Hierbei werden in einem Referenzlauf die unterschiedlich geladenen Serumproteine wie in einer Standardserumelektrophorese getrennt. Gleichzeitig erfolgen in den weiteren Kapillaren des Geräts zusätzliche Läufe der Patientenprobe, bei der das Serum mit Antihuman-Immunglobulinen vorbehandelt wurde. Diese sind Antikörper gegen humanes IgG, IgA und IgM sowie gegen die humanen Leichtketten kappa und lambda. Durch die Bindung dieser Antikörper an die Immunglobuline verzögert sich die Wanderung dieser Komplexe durch die Kapillaren. Hierdurch entstehen als Ergebnis Extinktionsmuster, da die Komplexe gegenüber der Referenzspur fehlen. 

Durch den Vergleich dieser Auslöschung mit der Referenzspur kann nun genau bestimmt werden, welchem Schwer- und/oder Leichtkettenisotyp das Paraprotein zuzuordnen ist (IgE- oder IgD-Paraproteine sind absolute Raritäten). Dies ist hierbei in der Regel mit der Kapillarelektrophorese schneller und eindeutiger möglich als bei der klassischen Fixation im Agarosegel. Darüber hinaus kann eine automatische Abarbeitung erfolgen, was deutlich Zeit und Arbeitseinsatz spart, zumal die Laufzeiten in der Kapillarelektrophorese aufgrund der hohen Spannung von 30.000 Volt deutlich geringer sind. 

Bei rein monoklonalen Leichtkettenparaproteinämien ist generell der Nachweis im Urin empfindlicher, da diese aufgrund ihres niedrigen Molekulargewichts in den Glomeruli gut filtriert werden und bei Überlastung der tubulären Rückresorption bald im Urin auftauchen. Im Serum kommt es nur bei schon fortgeschrittener Erkrankung und sehr hoher Paraproteinkonzentration zur Bildung eines M-Gradienten. Deshalb sollte bei klinischem Verdacht oder einer Verringerung aller anderen Immunglobulintypen im Serum (Verdrängungseffekt) eine Immuntypisierung im Urin angeordnet werden. 

Die Einordnung des monoklonalen Paraproteins in seinen Isotyp sowie die quantitative Immunglobulinbestimmung sind wichtig zur Einschätzung der Pathogenität des Befunds. Sind körperliche Anamnese, Laborwerte (Calcium, Kreatinin, HG) unauffällig, bestehen keine Hinweise auf Osteolysen und beträgt die Konzentration des Paraproteins unter 30 g/l, dann kann bei Ausschluss weiterer hämatologischer Erkrankungen (Non-Hodgkin-Lymphome) von einer monoklonalen Gammopathie unbekannter Signifikanz (MGUS) als Ausschlussdiagnose ausgegangen werden. Dies ist eine benigne Plasmazellexpansion und hat erst mal keinen Krankheitswert. Sie sollte jedoch überwacht werden, da es im Lauf der Zeit zu einem Fortschreiten mit Übergang zu einem B-Zelllymphom kommen kann. Hin und wieder kann bei einem IgM-MGUS eine hämolytische Anämie durch Kälteagglutinine (mit dem Paraprotein identisch) auftreten. 

Weitere Kriterien berücksichtigen 

Eine monoklonale Gammopathie im Sinne eines MGUS kann insbesondere bei niedrigen Paraproteinkonzentrationen auch vorübergehend im Rahmen eines Infektgeschehens beobachtet werden. Bei höheren Konzentrationen des Paraproteins im Serum steigt die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines manifesten B-Zelllymphoms wie dem Plasmozytom, dem Multiplen Myelom oder dem Morbus Waldenström (nur IgM, benigner als das Multiple Myelom, keine Osteolysen). Hier kommen weitere Kriterien ins Spiel wie das Ausmaß der Knochenmarkinfiltration durch paraproteinbildende Plasmazellen (Biopsie), Endorganschäden wie Osteolysen (Hyperkalziämie), Nierenschäden (erhöhtes Kreatinin) und Anämie. 

 

Summary

  • Monoklonale Gammopathien sind oft Zufallsbefunde 
  • Mithilfe kapillarelektrophoresebasierter Immuntypisierung ist eine schnelle, zuverlässige Charakterisierung der auslösenden Paraproteine möglich 
  • Mithilfe weiterer Parameter kann eine Einordnung der Pathogenität des Befunds erfolgen 

Fotoquelle: Norvell Jefferson 

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