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Scientific Kalender Dezember 2019

Wie kann die unreife Thrombozytenfraktion (IPF) als Biomarker für unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse nach Operationen dienen?

Eine normale Thrombozytenzahl mit erhöhter IPF aufgrund erhöhten Thrombozytenverbrauchs im peripheren Blut kann ein Hinweis auf eine verstärkte Thrombozytenaggregation und thromboembolische Komplikationen sein.

Eine Thrombozytose mit verminderter IPF aufgrund verminderter Thrombozytenbildung im Knochenmark kann ein Hinweis auf eine verstärkte Thrombozytenaggregation und thromboembolische Komplikationen sein.

Eine Thrombozytopenie mit verminderter IPF aufgrund verminderten Thrombozytenverbrauchs im peripheren Blut kann ein Hinweis auf eine verstärkte Thrombozytenaggregation und thromboembolische Komplikationen sein.

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Wissenschaftliche Hintergrundinformationen

Die koronare Herzkrankheit (KHK) gehört zu den häufigsten kardiovaskulären Erkrankungen. Bei KHK sind die Arterien, die das Herz mit Blut versorgen, beeinträchtigt. Die Erkrankung wird typischerweise durch eine Atherosklerose verursacht, durch die sich die Arterien verengen, wodurch sich wiederum der Blutfluss verlangsamt.

Am nicht aktivierten Endothel haften Thrombozyten nicht. Entzündungsereignisse wie etwa eine Atherosklerose lösen jedoch eine Aktivierung des Endothels aus, welche die Anhaftung von Thrombozyten fördert. Die Thrombozyten spielen eine entscheidende Rolle bei der bei KHK auftretenden Atherothrombose: Bei der Thrombusbildung werden Thrombozyten verbraucht und die Thrombozytenzahl wird durch eine erhöhte Produktion neuer Thrombozyten ausgeglichen. Dieser erhöhte Thrombozytenumsatz spiegelt sich in einer erhöhten Zahl von unreifen Thrombozyten wider, die im peripheren Blut feststellbar ist. Bei KHK-Patienten ist die Konzentration der zirkulierenden unreifen Thrombozyten häufig erhöht, und in mehreren Studien wurde nachgewiesen, dass der Anteil der zirkulierenden unreifen Thrombozyten mit schwerwiegenden unerwünschten kardiovaskulären Ereignissen (MACE) in Verbindung steht [1-3].

Komplikationen nach Operationen müssen rechtzeitig erkannt werden und erfordern eine konsequente optimale Behandlung, um das postoperative Outcome zu verbessern. MACE stellen eine häufige und besonders schwere Komplikation mit hoher Mortalität dar. In diesem Kontext haben die unreifen Thrombozyten als möglicher unabhängiger Prädiktor für MACE Interesse geweckt [4]. Die unreife Thrombozytenfraktion (IPF) ist bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom nachweislich erhöht [5-6], und eine erhöhte Zahl unreifer Thrombozyten bei diesen Patienten ging mit einem erhöhten MACE-Risiko nach Operationen einher [1]. Mehrere Autoren berichten von einem Zusammenhang zwischen einer erhöhten unreifen Thrombozytenfraktion oder einer erhöhten Zahl unreifer Thrombozyten und einem erhöhten Risiko von schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignissen [1-3].  Zwei dieser aktuellen Studien ermittelten anhand des IPF-Parameters von Sysmex denselben Cutoff-Wert von 3,3 % (Tabelle 1) [7].

In einer anderen Studie aus jüngster Zeit wurde untersucht, ob sich anhand der im Aufwachraum bestimmten unreifen Thrombozytenfraktion (IPF) MACE oder andere thromboembolische Ereignisse nach nicht herzchirurgischen Operationen mit mittlerem oder hohem Risiko vorhersagen lassen. Die erste Studie mit Operationspatienten (außer Herzchirurgie) ergab, dass präoperativ kein Unterschied der IPF zwischen den Patienten mit und denjenigen ohne MACE bestand. Andererseits hatten Patienten mit MACE im Aufwachraum höhere IPF-Werte als Patienten ohne MACE. Der optimale Cutoff-Wert von IPF > 5,4 % stand nach Korrektur für Kovariaten mit einem erhöhten MACE-Risiko in Zusammenhang [8]. Wie in der Publikation und im Fallbericht des Scientific Calendar in diesem Monat dargestellt ist die IPF ein unabhängiger Prädiktor für MACE nach Operationen und kann die Risikostratifizierung auch von nicht herzchirurgischen Patienten verbessern.

Interessanterweise ermöglichte die mittels Lichttransmissionsaggregometrie (LTA) gemessene Reaktivität der unreifen Thrombozyten keine MACE-Vorhersage, und die unreifen Thrombozyten scheinen bessere chronische Prädiktoren von unerwünschten Ereignissen als die LTA zu sein, die wahrscheinlich eher den kurzfristigen Status widerspiegelt. In ähnlicher Weise ermöglichten die unreifen Thrombozyten bei Patienten nach perkutaner Koronarintervention eine bessere Vorhersage von MACE als die vasodilatatorstimulierte Phosphoprotein-Phosphorylierung oder die Multiplate Electrode Aggregometrie [3].

Tabelle

Referenzen

[1] Ibrahim H et al. (2014) Association of immature platelets with adverse cardiovascular outcomes. J Am Coll Cardiol. Nov 18-25; 64(20):2122–9.
[2] Cesari F et al. (2013) Reticulated platelets predict cardiovascular death in acute coronary syndrome patients. Insights from the AMI-Florence 2 Study. Thromb Haemost. May; 109(5):846–53.
[3] Freynhofer MK et al. (2017) Platelet Turnover Predicts Outcome after Coronary Intervention. Thromb Haemost. May 8; 117(5):923–33.
[4] Eikelboom JW et al. (2014) Immature platelet count: part of the cardiologist's complete blood count? J Am Coll Cardiol. Nov 18-25; 64(20):2130–2.
[5] Grove EL et al. (2009) Immature platelets in patients with acute coronary syndromes. Thromb Haemost. Jan; 101(1):151–6.
[6] Lakkis N et al. (2004) Reticulated platelets in acute coronary syndrome: a marker of platelet activity. J Am Coll Cardiol. Nov 16; 44(10):2091–3.
[7] Hannawi B et al. (2018) Reticulated Platelets: Changing Focus from Basics to Outcomes. Thromb Haemost. Sep; 118(9):1517–27.
[8] Anetsberger A et al. (2017) Immature platelets as a novel biomarker for adverse cardiovascular events in patients after non-cardiac surgery. Thromb Haemost. Oct 5; 117(10):1887–95.

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